Wir haben uns mit Max Seelemann, Co-Gründer von Ulysses getroffen und mit ihm über die Arbeitsweise von Autoren, Anforderungen an Schreibprogramme und den Gründungsstandort Leipzig unterhalten.

Wer regelmäßig Texte für unterschiedliche Medien und Formate Texte schreibt und produziert, weiß um den Organisationsaufwand, der damit verbunden ist: Ideen und Formulierungen, den Geistesblitz festhalten, Texte in Echtzeit synchronisieren usw. Zudem das typische Vielschreiber-Phänomen: Parallel arbeitet man an verschiedenen Publikationen und hätte am liebsten alle Texte in einer Bibliothek immer aktuell verfügbar. All diese Punkte könnten Marcus Fehn beschäftigt haben, als dieser 2002 ein eigenes Buch schreiben wollte und kein adäquates Schreibprogramm auf dem Markt fand. Nach einem Aufruf in der Programmierer-Szene fand er jedoch Max Seelemann, 15 Jahre alt und bereit, mit ihm zusammen ein Programm zu erschaffen, das allen Bedürfnissen von Autoren Rechnung trägt.

Das Gründerteam

Trotz 16 Jahren Altersunterschied funktionierte die Zusammenarbeit zwischen Max und Marcus sehr gut und ihre Kompetenzen ließen sich so gut vereinen, dass 2003 die erste Version des Schreibprogramms veröffentlicht wurde. 2011 schloß Max sein Studium der Informatik als bester Absolvent ab und entschied sich gegen eine wissenschaftliche Karriere. Stattdessen gründete er mit Marcus das Unternehmen The Soulmen und brachten eine verbesserte Version von Ulysses auf den Markt. Nach wie vor ist der Sitz der Firma in Leipzig – was kaum jemand annimmt oder weiß. Die App wird in zehn Sprachen angeboten und die USA als auch China gehören zu den größten Märkten. Programmierung, Entwicklung und Support werden von dem Büro in Leipzig abgedeckt.

Was kann Ulysses?

Ulysses ist ein minimalistisches Schreibprogramm, dass für Vielschreiber konzipiert wurde und ausschließlich für Apple Produkte entwickelt wurde. Es soll Schriftsteller, Journalisten, Blogger und Wissenschaftler dabei unterstützen, Publikationen, Ideen und Notizen auf allen Endgeräten zu organisieren bei größtmöglicher Nutzerfreundlichkeit. Die App ist dafür gemacht eine große Menge von Textdateien zu organisieren und zu verwalten. Die Oberfläche des Schreibprogramms ist aufgebaut wie eine Mailing-App und erlaubt dem Nutzer, Texte direkt in Ordner zu verschieben und für eine bessere Wiederauffindbarkeit mit Schlagworten zu versehen. Im Gegensatz zu Word etwa, dessen Funktionen sich primär auf Layout und Formatierung beziehen, legt Ulysses den Fokus auf das reine Schreiben, Organisieren und Überblick behalten. Verschiedene Features sind so konzipiert, dass der Nutzer nicht erst die Schreib-Oberfläche verlassen muss, um etwa Eigenschaften oder Format anzupassen. In der neueren Version von Ulysses stehen dem Nutzer verschiedene Short-Cuts zur Verfügung, die Einstellungen in der Formatierung erlauben.

Bedürfnisse des Nutzers stehen im Fokus

Was die Nutzer von Ulysses eint ist die Tätigkeit des Textschreibens - davon abgesehen sei der Kontext, in dem Ulysses verwendet wird sehr unterschiedlich, wie Max erzählt. Die App war ursprünglich für Buch-Autoren gedacht und konzipiert, doch ist der Kundennutzen oberste Maxime bei Ulysses und Kundenwünsche werden berücksichtigt, so hat sich das Programm über die Jahre ausdifferenziert. Heute wird die App von Autoren, Bloggern, Wissenschaftlern und Pastoren gleichermaßen genutzt, ist aber ebenso zur empfehlenswerten Alternative zu Notiz-Apps wie Evernote geworden. Jeder der sein kreatives Chaos ordnen will, sollte es einmal mit Ulysses probieren.

Apple liebt Ulysses

2016 wurde Ulysses ganz offiziell geadelt: In San Francisco erhielt Max für Ulysses den Apple Design Award im Rahmen der jährlich stattfindenden Entwicklerkonferenz WWDC, der nur an wenige vergeben wird. Von den annähernd 20 Millionen Apps im iTunes Store zu einer der zehn besten Apps ausgeschrieben zu werden und das mehrmals, ist ohne Frage beeindruckend. Das Schreibprogramm überzeugte die Jury auf Grund seiner gleichbleibenden Funktionalität auf allen Apple-Geräten und auf Grund der gelungenen Kombination von Minimalismus bei gleichzeitig höchster Funktionalität. Zudem gehört Ulysses zu den Apps, die von Apple-Mitarbeitern selbst sehr gern verwendet werden.

Ulysses: damals & heute

Wie bei allen Apps macht die Entwicklung den Hauptfaktor der Kosten aus. Den Start legten die Gründer mir Eigenkapital hin. Seit dem Anfang finanziert sich Ulysses selbst ohne Investoren von außen. Der Verzicht auf Investitionen war nicht immer einfach, dennoch haben die beiden Inhaber auch schwierige Zeiten wie den Relaunch 2016 überstanden und sind heute stolz darauf, selbstbestimmt das Unternehmen führen zu können. Die wachsenden Nutzer- und Umsatzzahlen geben ihnen Recht.

2017 stellte das Unternehmen das Bezahlsystem für die App um, so dass die Kaufoption durch das Abonnement-Modell ersetzt wurde. Ein sinnvoller Schritt sowohl für das Unternehmen als auch für die Kunden, wie Max sagt: Dadurch erhöhen sich Zuverlässigkeit und Flexibilität.

Es ist erwartbar, dass dies die App auch für andere Nutzer attraktiv macht etwa im universitären Kontext für Studenten, die damit Mitschriften aus Vorlesungen, Seminar- und Abschlussarbeiten besser und übersichtlicher organisieren könnten. Die weitere Zukunft des Unternehmens wird nach wie vor die Realisierung einer hohen Usability beinhalten und die Umsetzung neuer Features. Zu diesem Zweck suchen Max und Marcus weiterhin nach iOS-Programmierern, die das Team im Leipziger Süden ergänzen wollen. Nach wie vor überrascht es viele, dass Unternehmen wie Ulysses ihren Standort in Leipzig haben – Max dagegen hält Leipzig als Unternehmensstandort für eine sehr gute Wahl. Die Kosten für Unternehmen als auch die Lebenshaltungskosten sind hier viel günstiger. Um in größeren Städten zu gründen, muss man auch gleich das Dreifache erwirtschaften, was gerade für Startups bedenkenswert ist. 

Tipp für Gründer

Max` Ratschlag für Gründer - den er sich selbst auch geben würde - bezieht sich auf einen Punkt, an dem die Zukunft Ulysses sehr ungewiss war und das Unternehmen große finanzielle Probleme hatte: ship early, ship often! In Krisenzeiten sollte man sich darauf fokussieren, eine Sache fertig zu stellen, die man Kunden präsentieren und für die man Feedback einholen kann. Ideen zu entwickeln ist ohne Frage relevant, ebenso relevant ist aber ebenso den Punkt nicht zu verpassen, diese nach außen zu kommunizieren – das ist schlecht fürs Geschäft, als auch fürs Produkt. Aus Erfahrung weiß Max, dass die Vorstellungen, die man mit einem neuen Feature/Produkt verbindet, sehr von der Realität abweichen können. Daher sein Tipp lieber frühzeitig Produkte testen, als am Markt vorbei zu produzieren. Wer Sicherheit braucht, dem rät Max eher ab vom Gründen. Dem sicheren Stand, den Ulysses heute hat, gingen 15 Jahre voraus, die genug Höhen und Tiefen hatten.

Nachgefragt bei Max Seelemann, Co-Gründer von Ulysses

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